{Adventskalender} Türchen 11

Guten Morgen ihr Lieben,
heute öffnen wir unser 11. Türchen und dahinter verbirgt sich heute Veronika Serwotka.
Veronika hat eine Leseprobe zu ihrer Geschichte aus der Anthologie des Tagträumer Verlags für uns.

Gewinnspielfrage: Habt ihr einen Lieblingsfisch? Die Frage kann kreativ, mit dem Magen oder dem Auge beantwortet werden 😉
Das Gewinnspiel endet am 31.12.17 um 20 Uhr!
Teilnahmebedingungen: Gewinnspielfrage beantworten!


Der falsche Prinz - Leseprobe



Dieser elende Mensch bereitete ihm Sodbrennen.

Konnte er nicht einfach stillhalten? Was erhoffte er sich denn von seinem Gestrampel? Sein Schicksal war ohnehin besiegelt!

Lautlos glitt er mit einem bedächtigen Schlag seiner gewaltigen Schwanzflosse durch das unendliche Wasser.

Er hielt sich nahe der Oberfläche, gerade an der Lichtgrenze. Voller Bedauern hielt er das riesige Maul geschlossen und ignorierte die Schwärme an Plankton, die über ihm vorbeizogen – und ihm doch so vorzüglich mundeten!

Aber er konnte den Menschen in seinem Magen ja nicht ertränken.

Der Wal tat sich selbst furchtbar leid. Er hatte es nicht verdient, so behandelt zu werden. Die Herrin war grausam. Nicht nur zu ihm, das gab er gerne zu, aber die anderen mussten auch nicht täglich über drei Tonnen Nahrung zu sich nehmen, um nicht zu verhungern.

Seine Barten zogen durch das kühle Wasser. Sie kitzelten ihn, als wollten auch sie ihn dazu drängen, das Salz des Meeres auf der Zunge zu spüren.

Er war sich der beiden weißen Haie hinter sich bewusst. Sie lauerten – wussten sie doch ganz genau, welchen Inhalt er der Herrin überbrachte.

Meistens waren es einfache Opfergaben. Niemand besonderes. Oftmals Kinder. Kleine Mädchen, die ihre Füße verloren, weil seine Magensäure sie wegätzte. Doch das spielte für die Herrin keine Rolle. Auch ein halbes Kind schmeckte besser, als gar keines.

Eine Welle der Übelkeit überkam den Wal. Er konnte den Menschen toben und wüten spüren. Ja, er vernahm sogar dessen bange Worte.

„... riesiger Fehler! Ich bin ...“

Mh, machte der Wal halb überlegend, halb verärgert. Er musste sich ganz schön anstrengen, um das Menschlein zu verstehen.

„... wird wütend sein! So wütend! Du tust dir selbst keinen Gefallen, oh du mächtiges Wesen aus den tiefsten Untiefen!“

Tiefste Untiefen? Das Menschlein hatte ja keine Ahnung!

Andererseits war es doch irgendwie schmeichelhaft, als mächtiges Wesen bezeichnet zu werden.

Ja und wie mächtig er war! Selbst die beiden Genossen hinter ihm hielten ordentlich Abstand. Sie würden ihn nicht angreifen, sondern nur erhaschen, was übrigblieb. So furchtlos waren diese Jäger, so scharf ihre Zähne, dass sie es nicht wagten, ihm zu nahe zu kommen!

Ein leises Grollen der Belustigung erklang in seinem Inneren. Das Menschlein verstummte für einen Augenblick. Hatte es vielleicht den Halt verloren? Es stand besser schnell wieder auf, ehe ihm die Haut wegbrannte.

Der Wal wandte sich zufrieden Richtung Oberfläche. Sanfte Wellen brachen das Licht der Sonne wie in einem Kaleidoskop. Ihre Strahlen kämpften sich tief hinab. Es war gerade Mittag geworden.

Er machte einen Buckel und ragte mit dem Rücken aus dem Wasser. Kräftig stieß er die Luft aus. Seine Blas reichte viele Meter hoch und darauf war er besonders stolz. So konnten selbst die Menschen auf ihren hölzernen Schiffchen sehen, was für ein riesiges Prachtexemplar er war.

Er ging zum Tauchgang über und reihte sich wieder in den Strom ein, dem er schon so oft in beide Richtungen gefolgt war. Er war eben doch nur der Bote der Herrin. Das Kutschpferdchen der See, wie ihn die Menschen abfällig nannten. Das hatten ihm die Sirenen unter die Barten gerieben, diese miesen Giftsprüherinnen!

„Lass mich frei, du majestätisches Ungetüm!“, drang es durch seine Knochen. Das Menschlein hatte noch den nötigen Respekt vor ihm. Es konnte ruhig mehr davon erzählen, wie gewaltig er war, und wie furchteinflößend.

„Die Zauberin der See wird dich in Stücke reißen, wenn du mich ihr übergibst!“

Wie bitte? Was bildete dieses winzige Wesen sich eigentlich ein? So sprach niemand mit ihm!

Schweig, donnerte er verärgert.

Kurz darauf bekam er die Antwort. „Aber ich bin nicht der, den die Königin erwartet! Ich bin nur ein armer Schlucker, den sie von der Straße gesammelt habe, weil ich dem Prinzen so ähnlich sehe!“

Der Wal rollte mit den Augen. Das sah zwar niemand, aber es bereitete ihm Befriedigung.

Ein jämmerlicher Versuch, der eisernen Hand der Herrin zu entkommen, Menschlein. Oder besser, Prinzlein.

„Aber es ist wahr, oh du ... wie ist eigentlich dein Name, du Riese des Wassers?“

Diese Frage erstaunte den Wal. Noch nie hatte jemand nach seinem Namen gefragt. Bei den Menschen war er nur das Ungetüm, die Bestie, der Schrecken oder ... nein, er würde sich nicht selbst als Kutschpferdchen bezeichnen.

Die Sirenen machten sich über ihn lustig. Ihre Namen für ihn taten nichts zur Sache.

Und seine Herrin, nun, sie nannte ihn immer bloß ihren „Sklaven“. Aber das würde er diesem Wicht in seinem Magen natürlich nicht verraten.

„Dein Schweigen lässt mich nachdenklich zurück, großer Fisch. Ich werde Yorge zu dir sagen, denn mir gehen die hoheitlichen Umschreibungen aus. Was dir ein Hinweis darauf sein sollte, dass ich nicht aus königlichem Hause stamme!“

Der Wal versteifte sich, was dazu führte, dass er etwas vom Kurs abdriftete. Schnell spreizte er die Brustflossen und tat, als wäre diese Peinlichkeit nie geschehen.

Yorge? Glaubst du, ich gebe mich mit einem solch mickrigen Namen zufrieden, grollte er.

„Nicht? Ich kann mir einen anderen Namen ausdenken, Yorge, wirklich! Er soll dich nur zufrieden stellen! Ich dachte bloß, ein Name, der in der Sprache meines Landes groß und herrlich bedeutet, würde dir zusagen.“

Der Wal überlegte.

Ein seltsames Gefühl ging durch seinen Körper. Es war so warm und prickelte angenehm. War das etwa ... Glück?

Er hatte es bisher immer für ein Gerücht gehalten. Oder eingesehen, dass ihm so etwas nicht vergönnt war. Er war der Diener der Herrin, nichts weiter. Seine Belohnung war, am Leben gelassen zu werden.

Sollte es für ihn dieses flüchtige Glück doch geben?

Nun, so sollst du mich nennen, wie es dir beliebt. Von solchen Kleinigkeiten werde ich nicht gerührt, gestattete er großzügig.

Er glaubte die Erleichterung des Menschleins spüren zu können.

„Großer Yorge, ich danke dir über die Maßen! Mich nennt man Romin. Ein einfacher Name für einen einfachen Mann.“

Du bist Thisdan da Mageira, so hat man dich mir übergeben, Prinz des Reiches Auros. Winde dich nicht so herum, die Herrin wird dich leben lassen, das ist mehr, als alle Menschlein vor dir behaupten können.

„Aber du verstehst nicht ... Der König hätte seinen Thronfolger niemals an die Meerhex... ich meine natürlich die Zauberin der See übergeben. Ich war ein Gefangener, der auf seine Verurteilung wartete. Ich hätte lieber am Galgen geendet, als zu ertrinken, oder mich fressen zu lassen.“

Der Wal stieß einen langen Laut aus, der sich rasch durch das Wasser ausbreitete. Seine Herrin würde ihn kommen hören und dem widerspenstigen Prinzlein einen angemessenen Empfang bereiten.

Du hast dich von mir fressen lassen. Widersprich dir nicht länger selbst und bereite mir keine Magenbeschwerden mehr, sonst könnte mir ein Missgeschick passieren, das uns beiden das Leben kostet.

Für einen wundervollen Augenblick war es ruhig in seinem Innern. Ein Schwarm Makrelen zog an Yorge vorbei, der sehnsuchtsvoll an ein Maul voll Fressen dachte.

„Die Wachen haben nicht zu meinem Schutz mit gespanntem Bogen am Kai gewartet“, ertönte wieder die Stimme des Menschen. „Sie hätten mich umgebracht, wenn ich nur Anstalten gemacht hätte, etwas zu sagen, oder gar fortzulaufen.“

Yorges Ärger wuchs. Er war doch nur ein alter Wal, der seine Ruhe haben wollte!

Schluss jetzt! Das Königreich der Herrin liegt vor uns, ich will keinen Laut mehr vernehmen! Du tätest gut daran, die Herrin nicht davon überzeugen zu wollen, ein anderer zu sein, als der, den sie erwartet.

Oh wie froh würde er sein, wenn er seinen Inhalt endlich abgegeben hatte!

Er war zu alt für all das hier. Doch er hatte die Hoffnung aufgegeben, dass ihm ein ruhiges Ende vergönnt war.


Zu gewinnen gibt es:  
1 Ebook der Anthologie "When Oceans fade away"
Klappentext:
***Wenn das Rauschen des Meeres
die Zeilen von Geschichten mit Leben erfüllt***

Verfluchte Schiffe, starrsinnige Freibeuter und Magie - Zehn Geschichten erzählen vom Verblassen der Ozeane und von Sonnenuntergängen, die blutrot die Wasseroberfläche durchbrechen. Von jener unergründlichen Sehnsucht, die Menschen innewohnt, wann immer sie das Meer betrachten. 


Link zum Buch: When Oceans fade away

3 Kommentare:

  1. Also,ich mag Fisch auf dem Teller aber auch im Wasser.
    Geräucherte Forelle ist einfach lecker.
    Im Wasser mag ich den männlichen Kampffisch...So tolle Farben und unglaubliche beflossung..Wunderschön.
    Danke für die tolle Leseprobe.Hat mir sehr gefallen

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    1. Herzlichen Glückwunsch Claudia.
      Bitte melde dich innerhalb von 48 Stunden direkt bei Veronika oder per Mail bei mir unter: JLicher93@aol.com

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  2. Ich mag Fisch nur fürs Auge =) Aber Lieblingsfische habe ich nicht, ich sitze gerne bei meinem Vater vor dem riesigen Aquarium und schau den Fischen zu ist manchmal besser als jedes Kino... Oh Kino ich mag Clownfische und Doktorfische ;)

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