[Adventskalender] Türchen 13


Hallo Ihr Lieben,

heute öffnen wir unser 13. Türchen und ich freue mich das ihr weiterhin dabei seid.
Das heutige Türchen kommt von Tina Skupin. Vielen Dank für deinen Beitrag. 
Gewinnspielfrage: 
Wie heißt die Schwedische Version des Glühweins ?
Das Gewinnspiel endet am 14.12.16 um 24 Uhr!
Kurzbiographie:


Tina Skupin, Jahrgang 1977, wuchs in Völklingen an der Saar auf. Nach einem Zwischenstopp in Halle lebt sie mittlerweile mit Partner und Töchterchen in Stockholm. Sie schreibt vor allem Fantasy mit Schwerpunkt Urban Fantasy sowie Science Fiction. Tina hat mehrere Kurzgeschichten in verschiedenen Verlagen veröffentlicht. Ihr Buchdebüt „EventuElche“ erschien im Sommer 2016, Anfang 2017 folgt ihr erster Roman „Hollerbrunn“.
 Ihre Hobbys (für die nie genug Zeit bleiben) sind  mittelalterliches Schwertfechten (Langschwert) klettern (trotz Höhenangst) und lesen (natürlich). 

Leseprobe:
Weihnachtszeit in Schweden: Kill Billy!

Gerade habe ich mir einen heißen Glögg eingeschenkt und mir eine Luciabulle aus der Küche geholt. Weihnachtszeit in Schweden, allein das klingt so kitschig, dass jeder Leser vor seinem inneren Auge einen Elch vorbeiziehen sieht. Es ist aber auch wunderschön! Seit zwei Wochen liegt Schnee, und kaum ist der schmutzig und hässlich und vereist, kommt die nächste Wolke und wirft eine neue Ladung von dem weißen Fluff ab. Alles funkelt und glitzert, und selbst das Stadshuset, das für die Nobelpreisverleihung mit 200.000 Blumen geschmückt worden ist, kann mit dieser Pracht nicht ansatzweise mithalten. In allen Fenstern leuchten Lichterketten, Lichtorgeln und Weihnachtssterne, aber nie geschmacklose Blinklichtern oder lebensgroße Rentiere auf dem Dach- Protzen ist in Schweden auch an Weihnachten verpönt. Abgesehen davon, die Rentiere hat man hier wenn überhaupt, im Garten, und nicht auf dem Dach. Und wenn das passiert, dann jagt man die Viecher weg, bevor sie alles zerfressen. Aber ich schweife ab.

Von außen mag all das wunderschön idyllisch aussehen, aber ich kann euch versichern, dass die schwedische Weihnacht keineswegs ein Weicheifest ist, wo alle lieb und sanft und freundlich zueinander sind. Nein, die Weihnachtszeit ist gespickt mit Prüfungen, die nur die Härtesten überleben. Glögg zum Beispiel!

Glühwein heißt in Schweden Glögg und wird typischerweise heiß aus winzigen Tassen getrunken. Diese Woche auf dem Weihnachtsmarkt am Stureplan: Ein Deutscher stürzt an mir vorbei. Zitternd, mit dickem Schal roter Nase und unüberhörbaren Akzent bestellt er zwei Glögg, während sein schwedischer Kumpel langsam herbeischlendert. Der Deutsche nimmt den Glögg und kippt das süße Zeug in sich hinein. Plötzlich lässt er die Tasse fallen, hustet und japst und sackt in den Schnee, während sein Gesicht langsam die Farbe der Bravehart-Tattoos annimmt (ein sehr schöner Kontrast zur roten Nase). Sein Kumpel tritt hinzu, zielt kurz und schlägt dem Mann auf den Rücken. Etwas schießt aus seinem Mund und bohrt sich in den Schnee. Immer noch keuchend rappelt sich der Deutsche auf, und schaut in die Tasse, die er die ganze Zeit festgeklammert hielt.

„Da sind ja Stücke drin“, ruft er.

„Natürlich“, antwortet der Kumpel.

„Wie natürlich? In Glühwein sind nie Stücke drin.“

„Das ist Glögg. Und Glögg wird mit Rosinen und Mandeln serviert.“

„Beim ersten Mal Glöggtrinken wäre ich fast erstickt“, diesen Satz habe ich hier zu oft gehört, um ihn als Zufall abzutun. Zunächst denkt man ja, es wäre die eigene Dämlichkeit. Glögg wird tatsächlich mit Einlage serviert, gut in die falsche Kehle rutschende Rosinen, gestiftelte Mandeln. Mittlerweile glaube ich, dass Glögg eine Art Selektionsmechanismus der Schweden ist: trinkst du Glögg und hast keinen Freund, bist du halt tot!

Oder kommst ins Krankenhaus, womit wir beim zweiten Brauch wären: Lucia. Du hast die Glögg-Attacke überlebt, liegst in einem gemütlichen Krankenhausbett, vor dem Fenster wirbeln die Flocken. Plötzlich ein Geräusch! Du schreckst hoch. Da ist jemand vor der Tür! Oder? Wahrscheinlich hast du dir das nur eingebildet. Du lässt dich ins Kissen zurücksinken. Das Zwielicht des schwedischen Morgens, gefiltert durch den Schnee wirkt einschläfernd, und dir fallen die Augen zu. Plötzlich öffnet sich die Tür. Du siehst Licht, weiße Gestalten, skurrile Köpfe, die im Fackelschein spitz zulaufen. In ihrer Mitte eine blasse Frau mit brennendem Kopf, ein roter Streifen wie Blut läuft über ihr weißes Gewand. Schaurige Laute ausstoßend treten die Wesen zu dir ins Zimmer. Außer in Schweden und Hollywood eine Horrorvorstellung. In Hollywood kannst du nach dem Regisseur rufen, und in Schweden – da bekommst du Gebäck und Kaffee.

Santa Lucia war eine Heilige des frühen Christentums, die nachts in die Krankenhäuser schlich, um die Armen und Kranken zu versorgen. Um die Hände frei zu behalten, trug sie einen Kranz aus Kerzen auf dem Kopf. In Erinnerung daran geht am 13. Dezember früh morgens die Lucia, eine junge Schwedin, in die Krankenhäuser, Altenheime und Kindergärten, begleitet von anderen jungen Mädchen und Jungen in spitzen Hüten. Alle sind weiß gekleidet, die Lucia trägt die Lichterkrone und eine rote Schärpe als Zeichen ihrer Märtyrerschaft. Sie tragen Kerzen und singen, als Zeichen, dass die Dunkelheit, die im Augenblick bedrückend und düster wirkt, nicht bleiben wird, sondern das Licht und die Hoffnung wiederkommen. Die Luciachöre singen meist wunderschön, für diesen Auftritt wird monatelang geprobt. Auch an grummelige Zeitgenossen wie mich haben die Lucias gedacht und bringen neben Licht und Gesang auch Kaffee und Lussekatter mit, Kaffeestückchen mit Rosinen und Safran, die es nur um diese Jahreszeit gibt. Und nach dem ersten Schluck Kaffee verwandeln sich die schaurigen Laute in schönen Gesang.

Ich muss zugeben, nicht alles an der schwedischen Weihnacht ist grausam, es gibt auch freundliche Momente.

Doch die vergehen schnell und der Schwede steht seiner größten Herausforderung gegenüber: dem Julbord!

Wörtlich übersetzt heißt Julbord Weihnachtsbüfett, und ursprünglich war es auch genau das. Wie bei den meisten zivilisierten Völkern wird auch in Schweden zu Weihnachten mehr gegessen, als irgendein Magen fassen kann. Die Gerichte sind traditionell jedes Jahr gleich: Weihnachtsschinken, verschieden eingelegter Hering Graved Lachs, Krabben, unbedingt Köttbullar, Prinskorv (kleine Würstchen), Sülze, Lutfisk (getrockneter und wieder aufgeschwemmter Fisch, der aussieht wie Wasserleiche), Julkorv (Wurst mit Schweinefleisch), Jansons Versuchung (Kartoffel-Anchovigratin), Rote Bete Salat und zahlreiche andere Leckereien. „Wer soll das alles essen?“, fragt ihr jetzt, und: „Also so etwas Schweres würde ich zu Weihnachten nicht wollen.“ Jetzt kommt der Clou: die Schweden auch nicht! Egal, wen ich gefragt habe, alle reagierten mit einem: „Also dieses Gericht (beliebiges Gericht der obenstehenden Liste) mag ich eigentlich gar nicht.“ Und dann nach kurzem Zögern: „Aber es gehört halt dazu.“

Julbord, hat mich ein Weihnachtsbuch informiert, stammt aus einer Zeit, als Schweden hauptsächlich von Bauern bewohnt waren. Die Fastenzeit Advent wurde zu Weihnachten gebrochen. Und dann wurde selbstverständlich geschlemmt. Noch dazu wurde vor Weihnachten geschlachtet. Die Vielfalt des Julbords beruht auch darauf, dass die verschiedenen Teile des Schweins auf phantasievollste Weise verwendet und möglichst nichts verschwendet werden soll. Das Buch geht hier noch weiter ins Detail und nennt detailliert, für welche Rezepte die Füße und der Kopf verwendet werden. Falls ihr noch nach Beweisen sucht, dass Schweden die härteren Menschen sind: Das war ein Kinderbuch!

Heute lebt nur noch ein Bruchteil der Schweden von der Landwirtschaft. Aber das Julbord hat sich nicht nur gehalten, es ist sogar noch erfolgreicher geworden. Wurde es früher nur am Weihnachtsabend verzehrt, ist es mittlerweile das typische Essen auf jeder Weihnachtsfeier! Stellt euch vor, ihr müsstet euch auf jeder Feier einem Menü wie dem oben genannten stellen. Dafür brauchst du echt einen Magen aus Stahl! Oder jede Menge Snaps!

Und so sieht man während der Adventszeit an allen Abenden Menschen durch die weiß verschneite Altstadt torkeln, getragen vom (Wein-)Geist der diesjährigen Weihnacht. Und wenn man zu viel getrunken hat, oder zu dumm war, sich ein Taxi zu rufen: Man sollte sich nicht zum Schlafen legen. Die Nächte sind kalt. Am Heiligen Abend versammeln sich die Überlebenden, glücklich, Zeit miteinander verbringen zu dürfen, und wieder ein Jahr Adventszeit mit seinen Gefahren überstanden zu haben.

(Aus: Tina Skupin, EventuElche)

Zu gewinnen gibt es:
1 Ebook der "EventuElche"

3 Kommentare:

  1. Hallo guten Morgen,
    der schwedische Glühwein heißt Glögg.
    LG Bettina Hertz
    bettinahertz66@googlemail.com

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  2. Guten morgen ☕ 💖
    Der Glühwein heisst Glögg ich find den namen so niedlich 😉
    Lg Natascha

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  3. Huhu, der schwedische Glühwein heißt GLÖGG :-D Ich find die schwedischen Namen lustig und ihre Metalbands geil :-D
    Tina Skupin wurde in Völklingen geboren? Dann ist sie ja Saarländerin, wie ich. Völklingen ist nur 30 km von mir. Dann schicke ich mal liebe Grüße aus der Heimat nach Stockholm :-)

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